Le roi est mort, vive le roi!

Ich bin häufig auf Konferenzen und Veranstaltungen, die sich mit Facebook und anderen sozialen Medien beschäftigen – sei es mit Schwerpunkt Marketing (so wie gestern) oder Development (so wie heute). Und immer wurde (wenn es ausnahmsweise mal nicht um den Umgang mit Shitstorms ging) ein Grundsatz gepredigt: „Content is king!“

Dass sich das ändern würde, kann man schon seit einigen Monaten erahnen. Denn selbst nicht so versierten Facebook-Usern dürfte aufgefallen sein, dass sich die Timeline inhaltlich verändert. Immer mehr Content will unter das Volk und längst nicht mehr alle News von Freunden und Pages werden angezeigt. Nicht immer ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, welche Posts auftauchen und welche nicht. Verantwortlich ist der Edge Rank, das zweifellos meistgenutzte Wort auf der gestrigen MarketingCon in Berlin. Dabei sei kurz am Rande erwähnt, dass Facebook diese Wortschöpfung offiziell gar nicht kennt, stattdessen redet man (etwas geheimnisumwittert) vom „Algorithmus“.

Es gibt also einen neuen König: Relevanz! Vive le roi!

Für den Betreiber einer Page hat das viele Auswirkungen – vor allem wird er sich intensiv mit dem Edge Rank beschäftigen müssen oder dafür auf das Know-how einer Agentur setzen, auf unseres beispielsweise :-)

Ganz neu ist das Vorgehen von Facebook nicht, denn den Edge Rank (ich bleibe bei dieser Terminologie) gibt es schon lange. Er wird aber umso wichtiger, je mehr User es bei Facebook gibt, je mehr Freunde diese haben und je mehr Pages sie liken. Denn ein Prinzip von Marc Zuckerberg ist, dass der Newsfeed für den Anwender interessant, also relevant ist. Und bei der Fülle der zur Verfügung stehenden Information ist eine Selektion der Inhalte schon heute unumgänglich.

Engagement ist das Zauberwort, also die Verbindung des Posts mit dem Empfänger. Dabei geht es, das sei noch mal deutlich gesagt, nicht nur um Page Posts, sondern auch um die Nachrichten meiner Freunde und überhaupt um alle Elemente, die bei Facebook veröffentlicht werden können. Der Edge Rank, der dieses Engagement ermittelt, setzt auf geschätzte 160 Faktoren, die sich grob in drei Kategorien einteilen lassen:
 

  1. Affinity: Wie oft interagiere ich als User mit der Page, die ich irgendwann mal geliked habe? Und wie häufig ist mein Freundeskreis auf dieser Page aktiv? Logisches Beispiel: Eine Page, die ich vor einem Jahr mal besucht und geliked, seitdem aber nie wieder aufgerufen habe, wird in meinem Newsfeed kaum noch eine Chance bekommen.
  2. Weight: Welches Element wurde gepostet? So haben Bilder beispielsweise ein höheres Gewicht als Nur-Text-Posts, da diese nachweislich eine höhere Reaktionsrate aufweisen.
  3. Time: Wenn der Beitrag in kurzer Zeit eine hohe Interaktion aufweist (Likes, Shares, Comments), führt dies zu einer (nachvollziehbar) höheren Wertung.


Man kann wohl davon ausgehen, dass ein Page Post im Durchschnitt nur in 16 % der Newsfeeds der Fans einer Seite angezeigt wird. Agenturen und Marketingabteilungen treibt dieser Wert den Schweiß auf die Stirn.

Um diesen Wert überhaupt zu erreichen und im besten Fall natürlich auch zu übertreffen, ist es wichtig, sich noch stärker als bisher damit zu beschäftigen, was gepostet wird, wie es gestaltet und formuliert ist. Bei Verantwortlichen, die dies verstanden haben, ist das wohl das Ende des „Heute ist Freitag, bald ist Wochenende“-Posts. Endlich, kann ich da nur sagen. Ein Redaktionsplan ist immens wichtig, „Nur-mal-so-Posts“ machen selten Sinn und haben noch seltener Erfolg. Und letztendlich ist das Monitoring der Social-Media-Aktivitäten wichtig, wenn auch zeitaufwendig.

Es gibt eine ganze Reihe von Tipps und Tricks, den Edge Rank zu steigern (oder überhaupt einen guten Post zu erstellen). Das würde jetzt aber den Rahmen sprengen. So viel zum Anfüttern: Posts in Romanlänge haben wenig Chancen beim User. Die besten Interaktionswerte erreichen Posts, die maximal drei Zeilen lang sind und ein emotionales, prägnantes Bild beinhalten.

Klingt einfach, oder? Wir helfen dennoch gern :-)